Montag, Mai 17, 2010

Amnesty Bericht Verletzungen der Menschenrechte und des Völkerrechts in Sri Lanka

AMNESTY INTERNATIONAL
Presseerklärung
17. Mai 2010
Quelle: www.amnesty.de
Wir sind persönlich selbst amnesty-Mitglieder und bekamen die Infos über unsere Gruppe.


Die Vereinten Nationen müssen Verletzungen der Menschenrechte und des Völkerrechts in Sri Lanka untersuchen

Die UNO muss eine unabhängige Untersuchung der schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen, die sowohl von den Regierungsstreitkräften als auch von der LTTE (Liberation Tigers of Tamil Eelam) während des Bürgerkrieges begangen wurden, einsetzen, sagte Amnesty International am ersten Jahrestag des Endes des bewaffneten Konflikts.
Die diesbezügliche Untätigkeit hat dazu geführt, dass Opfer von Menschenrechtsverletzungen keinen Zugang zu den Gerichten haben, keine Möglichkeit haben, die Wahrheit zu erfahren oder Entschädigungen zu bekommen. Unterdessen verbringen Hunderttausende von Srilankern, die am Ende des Jahrzehnte andauernden bewaffneten Konflikts vertrieben wurden, ihr Leben in Lagern oder mühen sich damit ab, ihre zerstörten Heimatdörfer wiederaufzubauen.

„Die UNO hat nie offen gelegt, was sie über die letzten Tage des bewaffneten Konflikts wusste, oder das Ausmaß der begangenen Menschenrechtsverstöße bestätigt oder auf Verantwortlichkeit gedrängt,“ sagte Madhu Malhorta, der stellvertretende Direktor des Asien-Pazifik-Programms von Amnesty International.
„Am Ende des bewaffneten Konflikts schienen die Grausamkeiten, die gegenüber Zivilpersonen und feindlichen Kämpfern begangen wurden, verstärkt worden zu sein durch das Gefühl, dass keine wirklichen internationalen Konsequenzen für Gesetzesverstöße zu befürchten waren.“
Anstatt Untersuchungen einzuleiten und diejenigen, die Menschenrechtsverletzungen während des bewaffneten Konflikts verdächtigt wurden, gerichtlich zu verfolgen, und den Opfern Entschädigungen zu gewähren, hat die srilankische Regierung in den letzten 12 Monaten Kritiker ins Gefängnis geworfen und durch hartes Vorgehen kritische Stimmen zum Schweigen gebracht.
„Viele Tausende von Zivilpersonen kamen zu Tode. Aber der Versuch der Regierung, das wahre Ausmaß der Menschenrechtsverletzungen zu verschleiern, indem sie eine unabhängige Kontrolle verhinderte, könnte bedeuten, dass die Todesfälle in die Zehntausende gehen,“ sagte Madhu Malhotra.

Auch ein Jahr nach dem Ende des bewaffneten Konflikts gibt es keine Anzeichen dafür, dass sich die Situation der Zivilpersonen in den Dörfern, die in den Konflikt verwickelt wurden, verbessert hat.
Ungefähr 80.000 Personen befinden sich noch in den Lagern und die Geldmittel für ihre Unterstützung gehen zur Neige.
Der Rest der 300.000 vertriebenen Zivilpersonen, die versucht haben sich wieder anzusiedeln, sind weiterhin gefährdet und kämpfen in ihren Dörfern, wo die Häuser und die Infrastruktur zerstört wurden, ums Überleben.
Tausende von Personen, die festgehalten werden, weil sie der Verbindung mit der LTTE verdächtigt werden, bleiben in Haft, ohne Zugang zu den Gerichten zu haben.
Die Regierung verlängert weiterhin den Ausnahmezustand und schränkt viele grundlegende Menschenrechte und die Redefreiheit ein.
Bisher ist nichts Erwähnenswertes geschehen, um Berichte von Kriegsverbrechen zu untersuchen.
Sri Lanka hat das römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs nicht ratifiziert. Das bedeutet, dass der Gerichtshof keine Schritte unternehmen kann gegen diejenigen, die der Verletzungen der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts beschuldigt werden, ohne Zuweisung durch den UN Sicherheitsrat.
Stattdessen hat der UN Sicherheitsrat das Problem der Straflosigkeit in Sri Lanka nicht einmal öffentlich diskutiert. Der UN Menschenrechtsrat ging sogar soweit, eine Resolution zu verabschieden, die die Bemühungen der srilankischen Regierung am Ende des bewaffneten Konflikts begrüßte, ohne auch nur die Notwendigkeit einer strafrechtlichen Verfolgung oder von Entschädigungen zu erwähnen.
Teilweise liegt die Untätigkeit darin begründet, dass die Verbündeten Sri Lankas (darunter China, Indien und die Bewegung der blockfreien Staaten) sich einer internationalen Intervention vehement widersetzten.

Am ersten Jahrestag des Endes des bewaffneten Konflikts lenkt Amnesty International die weltweite Aufmerksamkeit auf die andauernde Straflosigkeit in Sri Lanka und fordert Gerechtigkeit für die Opfer und die Familien der Getöteten. Mitglieder von Amnesty International überall auf der Welt werden heute und in den kommenden Wochen dazu Aktionen und Veranstaltungen durchführen.
Hintergrund: Der bewaffnete Konflikt in Sri Lanka
Seit Jahrzehnten haben die srilankischen Regierungsstreitkräfte und die mit ihnen verbündeten bewaffneten Gruppierungen die Menschenrechte verletzt (ohne dass sie befürchten mussten, dafür zur Rechenschaft gezogen zu werden), indem sie sich an extralegalen Hinrichtungen, „Verschwindenlassen“ und an Folter von Tamilen beteiligten, die der Verbindung mit der LTTE verdächtigt wurden.
Die LTTE führte willkürliche Selbstmordattentate auf zivile Ziele wie Busse und Bahnhöfe durch, ermordete Politiker und Kritiker und zwangsrekrutierte Kinder als Soldaten.
Verletzungen der Menschenrechte und des humanitären Völkerrechts erreichten in den letzten Monaten des Konflikts ihren Höhepunkt, als ungefähr 300.000 Zivilpersonen zwischen die Fronten der kriegführenden Parteien gerieten und eingeschlossen wurden.
Als ihre eigenen Streitkräfte durch die Kämpfe dezimiert wurden, verstärkte die LTTE die Rekrutierung von Kindersoldaten. Sie missbrauchte Zivilpersonen als menschliche Schutzschilde gegen die Offensive der srilankischen Armee und erschoss Menschen, die zu fliehen versuchten.
Die srilankische Armee verkündete eine „No Fire Zone“ (Sicherheitszone) und führte die Zivilpersonen dorthin; später jedoch wurden diese Gebiete unter Artilleriebeschuss genommen. Viele Tausende Zivilpersonen wurden getötet. Krankenhäuser wurden bombardiert, wobei Patienten und Krankenhausangestellte getötet und verletzt wurden. Überlebende wurden in großen Regierungslagern für Vertriebene festgehalten, die unter militärischer Leitung standen. Verwundet, hungrig und krank kamen sie dort an.